Neonazis und Identitäre beim AfD-Rechtsrockkonzert

Autor:innen: anonym

Erstveröffentlichung unter Indymedia

Am 29.12.2023 organisierte die Junge Alternative Brandenburg eine sogenannte „Jahresabschlussparty“. Aufgrund der angekündigten Musik-Acts und Kooperationspartner war allerdings klar, dass es sich hierbei um ein reines Rechtsrockkonzert handelte. Der Ort der Veranstaltung wurde bis zum Schluss geheim gehalten. Die „Party“ stieg letztendlich im AfD-Treffpunkt „Mittelpunkt der Erde“ in Hönow bei Berlin. Gekommen ist eine bunte Mischung aus Jung-AfD’ler:innen, Neonazis vom III. Weg und der NPD sowie Identitäre und Rechtsrock-Fans. Ein Dreivierteljahr vor der Landtagswahl in Brandenburg präsentiert sich die Jugendorganisation der AfD als Sammelbecken für sämtliche Spektren der extremen Rechten.

Wer steckt hinter der „Jahresabschlussparty“?

Bereits knapp zwei Monate vor dem 29.12.2023 begann die Mobilisierung für die „Jahresabschlussparty“ der Jungen Alternative Brandenburg. Der Ort wurde im Stil von Neonazi-Konzerten geheim gehalten. Zu groß war wohl die Angst vor Gegenprotesten oder staatlichen Interventionen. Als Kooperationspartner trat „Sub:version Production“ auf. Das Label und Musikvertrieb ist tief in die Neonazi-Strukturen um Cottbus und Umgebung verstrickt. [1] Ursprünglich aus dem Umfeld von Nazirapper „Bloody32“ gegründet, bietet „Sub:version“ heutzutage alles an, was das rechte Herz begehrt: vom Hooligan-Rock von „Kategorie C“ bis Rap des „Neuen Deutschen Standard“ um „Chris Ares“. Auch die Acts für den 29.12. sind allesamt aus dem Portfolio des Südbrandenburger Vertriebs.

Die Acts der „Jahresabschlussparty“

Ganz oben auf dem Flyer stand die Neonaziband „Sacha Korn“.[2] Bereits am 6.11.2021 spielten sie für die AfD Brandenburg im „Mittelpunkt der Erde“.[3] Frontmann Sascha Korn aus Teltow ist seit über einem Jahrzehnt in der internationalen Rechtsrock-Szene aktiv und Bassist Jan-Michael Keller war jahrelang Politiker der NPD in Berlin-Lichtenberg. Trotzdem stellt sich die Band gerne als vermeintlich unpolitischer „Deutschrock“ dar. Doch ihre Verbindungen zu unterschiedlichen Szenen der extremen Rechten sind offensichtlich. Kooperationspartner von „Sacha Korn“ ist die völkische Kampagne „1 Prozent“. Das neurechte COMPACT-Magazin filmte eine kurze Dokumentation zum AfD-“Patrioten“-Konzert mit „Sacha Korn“.

Im Jahr 2022 sollten „Sacha Korn“ auf dem internationalen Neonazi-Festival „Frontnacht“ im belgischen Ieper auftreten; zusammen mit einschlägigen Bands wie die „Casa Pound“-Hausband „Bronson“ aus Italien oder dem Liedermacher Philipp „Flak“ Neumann aus Deutschland, der Mitglied der mittlerweile verbotenen Hammerskins war. [4] Das Festival wurde letztendlich verboten, wie auch viele Konzerte von „Sacha Korn“ in Deutschland in den letzten Jahren.

Der zweite Act war Andy Habermann. Der Sänger der Rechtsrock-Band „Wutbürger“ [5] saß für die AfD bis 2020 in der Stadtverordnetenversammlung Werneuchen. Er musste seinen Posten räumen, nachdem die Aktivitäten seiner Band bekannt wurden. Wie „Sacha Korn“ geben sich auch „Wutbürger“ als „Deutschrock“-Projekt, doch sind tief in die extreme Rechte verstrickt. Zu den ehemaligen Mitgliedern zählte unter anderem Nigel Brown. Der Neonazi aus dem „Combat 18“-Umfeld spielte zuvor bei „No Remorse“. [6] Gegenwärtig bedient ein ebenso bekannter Rechtsrocker bei „Wutbürger“ den Bass: Alexander Gast von der Neonazi-Band „Spreegeschwader“. Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass die Band über enge persönliche Kontakte zu Neonazis, wie dem Liedermacher Marcel Martens („F.i.e.L.“), verfügt oder 2022 beispielsweise mit Hannes Ostendorf von „Kategorie C“ kooperierte.

Auch mit Julia Götz alias „Julia Juls“ haben „Wutbürger“ bereits einen gemeinsamen Song aufgenommen. Die Liedermacherin ist bekannte Aktivistin der rassistischen Kampagne „Frauenbündnis Kandel“ aus Rheinland-Pfalz. Zu „Subver:sion“ kam Julia Götz über eine Kollaboration mit „Bloody32“. Letztendlich gehören alle drei Acts vom AfD-Konzert am 29.12. zum gleichen Netzwerk und kennen sich auch persönlich. So stand „Julia Juls“ mit Andy Habermann auf der Bühne und unterstützte auch „Sacha Korn“ am Mikrofon.

Bereits 2019 sollten alle drei Acts zusammen in Zehdenick für die Rocker-Bruderschaften „Sons of Future“ und „Burgunden“ auftreten. Das Konzert wurde damals verboten. Nun erfolgte also mit der Parteijugend der AfD im Rücken ein neuer Anlauf. [7] Die Veranstaltung fungierte damit wohl auch als eine Art „Testballon“, wie weit die AfD gehen kann ohne auf staatlichen Widerstand zu stoßen. Die offene Akzeptanz der Behörden zeigt: ziemlich weit.

Von der AfD…

Insgesamt kamen rund 80 Personen aus unterschiedlichen Teilen Ostdeutschlands zu der Veranstaltung. Aus der AfD waren jedoch fast ausschließlich Mitglieder der „Jungen Alternative“ (JA) aus Brandenburg anwesend. Darunter der gesamte Vorstand [8] mit den Vorsitzenden Anna Leisten und Franz Dusatko (zusammen mit seiner Verlobten Lisa S.), dem stellvertretenden Vorsitzenden Stefan Pfau sowie Lisa Wölfert und Matze Albrecht. Weiterhin waren einige Aktivist:innen der Thüringer JA in Hönow. Andere Parteimitglieder, vor allem aus Berlin und Brandenburg, blieben der Veranstaltung jedoch fern. Obwohl die lokalen Verbände aus Marzahn-Hellersdorf oder Märkisch-Oderland den „Mittelpunkt der Erde“ regelmäßig nutzen und selbst dem völkischen Parteiflügel zuzurechnen sind, war ihnen die Kooperation der „Jahresabschlussparty“ mit klaren Neonazi-Strukturen vielleicht zu offensichtlich.

Sicherlich hatten sich die Veranstaltenden mehr von dem Konzert versprochen, für das es bis zuletzt noch Karten zu kaufen gab. Im Vergleich dazu war die Begleitung der Veranstaltung durch „alternative Medien“ enorm. So war das COMPACT-Magazin offizieller Kooperationspartner der Veranstaltung und hatte dort einen eigenen Informationsstand. Allerdings kam nur die „zweite Garde“ um den Identitären Paul Klemm und Roy Grassmann nach Hönow. Aus dem gleichen Umfeld war auch der ehemalige COMPACT-TV-Verantwortliche Martin Müller-Mertens vor Ort, der momentan für den verschwörungsideologischen Sender „AUF1“ arbeitet. Auch Mario Nieswandt vom AfD-affinen Sender „Seelow TV“ durfte in der Reihe der Medienschaffenden mitmischen. Daneben filmten auch Aktivist:innen vom sogenannten „Filmkunstkollektiv“ um Simon Kaupert aus Dresden auf der Veranstaltung – wahrscheinlich in Vorbereitung für den anstehenden Wahlkampf.

… für Neonazis und rechte Rocker

Der Hauptteil der Besuchenden speiste sich vorwiegend aus den Fanszenen der angekündigten Musik-Acts, sodass Rechtsrockfreund:innen über 50 die Veranstaltung bestimmten. Dazu zählten auch die weiteren Bandmitglieder von „Wutbürger“, wie der Gitarrist Maik Langner und Drummer Andreas Rosenthal, und der Bandfreund Nick Lajow, vom Neonazi-Tattoostudio „Ordo Tatto“ in Teltow [9]. Nur Bassist Alexander Gast blieb zuhause in seinem neuen Wohnort nahe Bayreuth. Dennoch waren unter den Besuchenden auch einige bekannte Neonazi-Aktivist:innen. Vor allem ehemalige Mitglieder der NPD sind aus der politischen Versenkung aufgetaucht, um ihren „alten Kameraden“ Jan-Michael Keller zu sehen. Dazu zählten unter anderem Jan Sturm, Danny Matschke oder Dietmar Hömke. Doch auch vom III. Weg, der im angrenzenden Marzahn-Hellersdorf sehr aktiv ist, waren einige bekannte Gesichter vertreten, in einem Fall sogar in Bekleidung der Partei. Neben Parteiumfeld aus dem Bezirk, unter anderem René Uttke, war u.a. der III.Weg-Aktivist Kai Milde anwesend.

Extrem rechte Mischszenen

Bei der „Jahresabschlussparty“ der „Jungen Alternative Brandenburg“ konnten unter dem Deckmantel der Partei unterschiedliche Szenen der extremen Rechten zusammenkommen. Während privat organisierte Nazi-Konzerte, beispielsweise in Rocker-Clubs, häufiger das Ziel staatlicher Verbote sind, könnte sich hier ein neues Business-Modell entwickeln. Dabei werden die Kontakte der AfD zur militanten Neonazi-Szene offen zur Schau getragen. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit sich dieses Konzept innerhalb der Partei durchsetzen kann.


[1] Informationen und Hintergründe zu „Sub:version“: https://identitaereinbochum.noblogs.org/bloody32/

[2] Informationen zu „Sacha Korn“: https://rechtemedieninfo.blogspot.com/2019/12/sacha-korn.html

[3] AfD organisiert Rechtsrock-Konzert mit „Sacha Korn“ https://keinraumderafd.info/2021/11/08/brandenburger-afd-organisiert-ext…

[4] „Sacha Korn“ auf der „Frontnacht“: https://www.bellingcat.com/news/2022/07/28/our-songs-are-manifestos-why-…

[5] Mehr Informationen zu „Wutbürger“: https://rechtemedieninfo.blogspot.com/2020/06/wutburger-die-band.html

[6] Zu Nigel Brown: https://twitter.com/SHornchen/status/1324635949997973504

[7] Verbotenes Konzert von „Sacha Korn“, „Wutbürger“ und „Julia Juls“: https://inforiot.de/zehdenick-rocker-veranstalten-rechtsrock-event/

[8] Hintergründe zum Vorstand der Brandenburger JA: https://pressefuchsbrandenburg.wordpress.com/2023/11/17/rechtsextreme-ei…

[9] Zu Nick Lajow und seinen Kontakten in die Rechtsrockszene: https://inforiot.de/rechtsrock-konzert-in-potsdam-geplant/