Category Archives: Märkisch-Oderland

Neonazi-Aktivist bei AfD Marzahn-Hellersdorf

Autor:innen: Kein Raum der AfD

Erstveröffentlichung unter Indymedia

Am 3. Februar 2024 hat die AfD Marzahn-Hellersdorf einen neuen Vorstand gewählt. Insgesamt konnten die extrem rechten Kräfte ihre Vormachtstellung im Bezirksverband weiter ausbauen. Neben den altbekannten Vertreter:innen völkischer Politik, wie Gunnar Lindemann oder Vadim Derksen, fällt jedoch ein neuer Name auf. Allerdings ist der frisch gewählte Beisitzer Otto-Martin Reblé bei Weitem kein politisch Unbekannter. Bis Ende 2005 war der heute 36-Jährige als organisierter Neonazi im Kameradschaftsbund „Märkischer Heimatschutz“ (MHS) aktiv. Zudem engagierte er sich noch vor wenigen Monaten als Organisator rechtsoffener „Montagsdemos“ in der Uckermark.

Martin Reblé und der MHS

Der „Märkische Heimatschutz“ wurde 2001 als Kameradschaftsnetzwerk im Nordosten Brandenburgs gegründet. Er entwickelte sich schnell zur größten und aktivsten Neonazistruktur im Bundesland.[1] Um einem Verbot zuvorzukommen löste sich der MHS im Jahr 2006 selbst auf. Während seines Bestehens unterhielt das Netzwerk angelehnt an den „Thüringer Heimatschutz“ mehrere „Sektionen“ in unterschiedlichen Städten der Region. Neben Schwedt, Prenzlau, Oranienburg oder Strausberg war Angermünde ein wichtiges organisatorisches Zentrum. Die MHS-Sektion in der Heimatstadt von Martin Reblé wurde geleitet vom bekannten Neonazi-Aktivisten Christian Banaskiewicz[2] und war zeitweise die stärkste Gruppierung des gesamten Netzwerks.

Reblé tauchte zum ersten Mal öffentlich am 6. September 2004 auf, als er hinter Gorden Reinholz, dem Chef des MHS,[3] durch Bernau marschierte. Im gleichen Jahr nahm er am 20. November beim Naziprotest gegen die „Silvio-Meier-Demo“ in Berlin-Lichtenberg teil und trug dort eine Brandenburg-Fahne. Am 27. April 2005 fand wiederum in Bernau ein Aufmarsch von 110 Neonazis mit dem Motto „Ausweisung krimineller Ausländer“statt – unter ihnen Martin Reblé.[4] Obwohl sich Reblé später vor allem als Mitläufer und Demogänger inszenieren wollte, war er auch an gewalttätigen Übergriffen beteiligt. So vermerkte der antirassistische Verein „Pfeffer & Salz“ für den 23. Oktober 2004 in seiner Chronik, wie Mitglieder des MHS auf einem Dorffest in Neuhof bei Angermünde massiv auftraten und dort nicht-rechte Jugendliche bedrohten. Unter den Angreifern wurde Otto-Martin Reblé erkannt, der in der Meldung gar als „Nachwuchskader des MHS“ bezeichnet wurde.[5] Die „Antifaschistische Initiative Reinickendorf“ spricht sogar von mehreren Bedrohungen Reblés gegenüber Jugendlichen.[6] Insgesamt war die Anti-Antifa-Arbeit sowie die Bedrohung von Andersdenkenden ein Schwerpunkt des MHS. Ein zentraler Angriffspunkt war dabei immer der Verein „Pfeffer & Salz“ aus Angermünde. Fast alle deren Veranstaltungen, egal ob Konzerte, Ausstellungen oder Infostände, wurden versucht zu stören und es kam auch zu gewaltsamen Übergriffe gegen das Büro und die Mitglieder des Vereins. Die bekannten Aktivitäten von Otto-Martin Reblé reihen sich in diese Politik der neonazistischen Raumnahme als „Kampf um die Straße“ ein.

Vom Stiefel-Nazi zum Anzug-Faschisten

Ab Ende 2005 taucht Reblé nicht mehr im Kontext des MHS auf. Er selbst gibt an, sich in der Zeit von der Neonazikameradschaft entfremdet zu haben. Ihre Politik war ihm nicht nachhaltig genug.[7] Stattdessen trat Reblé 2008 auf der Liste der „Bürger für Gerechtigkeit“ bei der Stadtverordnetenwahl in Angermünde an – ohne Erfolg.[8] Schon zu dieser Zeit versucht er sich als Aussteiger zu inszenieren, der offen mit seiner Vergangenheit umgeht. Allerdings hat nie eine umfassende Aufarbeitung seiner Zeit beim MHS oder eine tiefe Auseinandersetzung mit der neonazistischen Ideologie stattgefunden. Obwohl er mit führenden Köpfen der Brandenburger Neonaziszene bekannt war, hat er nie Informationen über seine Kameraden geteilt und so zur Verhinderung weiterer neonazistischer Gewalt beigetragen. Martin Reblé hat sich einfach irgendwann entschieden, nicht mehr mitspielen zu wollen. Ein glaubhafter Ausstieg ist das nicht. Zudem nahm Reblé noch am 28. Juli 2007 ‑ also zwei Jahre nach seiner vermeintlichen Abkehr von der Szene – an einem NPD-Aufmarsch in Cottbus teil.

So kann es auch nicht verwundern, dass Otto-Martin Reblé einige Jahre später in der AfD auftauchte. 2018 trat er in den Bezirksverband in Marzahn-Hellersdorf ein. Ein Jahr später leistete er mit weiteren AfD-Mitgliedern aus dem Bezirk Wahlkampfhilfe in unterschiedlichen Brandenburger Städten. Ansonsten ist er unregelmäßig bei Veranstaltungen der AfD Marzahn-Hellersdorf anzutreffen. So nahm er im Mai 2023 an einer Infoveranstaltung mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré im Neonazi-Restaurant „Mittelpunkt der Erde“ teil.

Daneben unterhält Martin Reblé weiterhin Verbindungen zur AfD in Angermünde und dem dortigen Kreisverband Uckermark. So besuchte er am 12. November 2022 eine interne Schulung des Verbands, die von Peter Feist geleitet wurde. Der Berliner COMPACT-Autor sprach für sein Ein-Mann-Projekt „Christian Wolff Bildungswerk“ über die „Konter-Rhetorik – Wie argumentiere ich streitbar für die Positionen der AfD“.

Die Nähe der AfD Uckermark zur extremen Rechten, wie dem COMPACT Magazin, ist nicht verwunderlich, da Hannes Gnauck im Verband eine führende Rolle einnimmt. Gnauck sitzt für die Brandenburger AfD im Bundestag, ist Bundesvorsitzender der Parteijugend „Junge Alternative“ und bekennender Vertreter des völkischen Parteiflügels.[9]

Neben seinem Engagement in der AfD war Reblé seit September 2022 war ein führender Kopf und regelmäßiger Redner der Neuauflage der rechtsoffenen „Montagsdemos“ in Angermünde.

Eingebettet in das Netzwerk „Uckermark steht auf“ drehten sich diese inhaltlich um die bekannten Themen zwischen Corona-Verschwörungserzählungen, einer autoritären Russland-Treue sowie rassistischer Stimmungsmache. Unter den zumeist 25 Demonstrierenden waren auch regelmäßig lokale AfD-Politiker:innen, wie Sigrid Splisteser. Sie engagiert sich in Angermünde maßgeblich beim AfD-Bürgerbegeheren gegen den Bau einer Unterkunft für Geflüchtete in Prenzlau. Somit haben sich für Reblé vielleicht die politischen Mitstreiter*innen verändert. Die Themen sind aber weitestgehend dieselben geblieben, auch wenn er sich inzwischen aus dem Organisationskreis der „Monatgsdemos“ zurückgezogen hat.

Neue „Heimat“ Marzahn-Hellersdorf

Nun ist Otto-Martin Reblé in den Vorstand der Marzahn-Hellersdorfer AfD gewählt worden. Dort hat er sicherlich ein wohlwollendes Umfeld für seine politische Haltung gefunden. Schließlich war in der Vergangenheit auch schon die inzwischen inhaftierte Neonazi-Terroristin Birgit Malsack-Winckemann im Bezirksverband gern gesehen.[10] Der amtierende Vorsitzende Gunnar Lindemann ist bekennender Unterstützer des völkischen Flügels der Partei sowie Mitinitiator von dessen Nachfolgestruktur „Idearium“. Zudem ist Lindemann Mitglied der russlandtreuen „Ostwind“-Vernetzung um Hans-Thomas Tillschneider und er referierte selber schon im „Castell Aurora“, dem Vorzeigeobjekt der „Identitären Bewegung“ im oberösterrichischen Steyeregg.[11] Einer seiner Stellvertreter ist Vadim Derksen. Der ehemalige Vorsitzende der „Jungen Alternative“ in Berlin ist momentan Leiter der Social-Media-Abteilung der „Jungen Freiheit“. Vor einigen Jahren nahm Derksen auch schon an Aufmärschen der „Identitären Bewegung“ teil.[12] Auch mit seiner Neonazi-Vergangenheit ist Martin Reblé in der AfD Marzahn-Hellersdorf nicht alleine. So bewegte sich das Parteimitglied Daniel Birkefeld Anfang der 1990er Jahre im Umfeld des Neonazi-Mörders Mike Lillge. Er war sogar mutmaßlich mit diesem unterwegs, als Lillge am 24. April 1992 Nguyễn Văn Tú aus rassistischen Motiven erstach.

Insgesamt zeigt die Personalie Otto-Martin Reblé erneut, wie gewalttätige Neonazis nach einigen Jahren Schonzeit eine zweite politische Karriere in der AfD anfangen können. Der Partei ist es einfach egal, was ihre Mitglieder und Funktionäre früher gemacht haben, solange sie heute treu zum extrem rechten Kurs stehen. Neonazi-Kader in Parteifunktionen sind keine Ausrutscher, sondern nur die logische Konsequenz der menschenverachtenden Politik der AfD.


[1] Das „Antifaschistische AutorInnen-Kollektiv Brandenburg“ hat 2005 eine detaillierte Broschüre zum MHS veröffentlicht: https://inforiot.de/wp-content/uploads/sites/30/2019/01/2005_maerkitscher_heimatschutz.pdf

[2] Mehr Infos zu Christian Banaskiewicz : https://antifainfoblatt.de/aib87/brandenburger-mischung

[3] Gordon Reinholz und der MHS: https://www.apabiz.de/archiv/material/Profile/MHS.htm

[4] Zu den bekannten Demonstrationsteilnahmen Reblés: http://www.gegenrede.info/news/2008/lesen.php?datei=080923_01

[5] Übergriff in der Chronik von „Pfeffer & Salz“: https://web.archive.org/web/20050412171642/http://lola.d-a-s-h.org/~ps/tests/inhalt/aktuell/chronik2004.html

[6] Siehe Bildbeschreibung „Foto 10“: https://web.archive.org/web/20080331055614/http://www.rantifa.de/Beitrag_NaziBB.html

[7] Statment von Reblé zu seiner Zeit beim MHS: http://www.gegenrede.info/news/2008/lesen.php?datei=080923_01

[8] Zum Wahlantritt von Reblé in Angermünde (Seite 5): https://www.apabiz.de/wp-content/uploads/Monitor_Nr37.pdf

[9] Zu Hannes Gnauck: https://taz.de/Junge-Alternative-waehlt-Gnauck-zum-Chef/!5885685/

[10] Antifa-Recherchen zum „Fall Birgit Malsack-Winckemann“ https://keinraumderafd.info/2022/12/08/die-afd-marzahn-hellersdorf-und-der-rechtsterrorismus-der-fall-birgit-malsack-winkemann/

[11] Über die Finanzierung des „Castell Autora“ durch den ehemaligen Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth: https://exif-recherche.org/?p=11991

[12] Vadim Derksen bei einer Demonstration der „Identitären Bewegung“ 2016 in Freilassing: https://www.regensburg-digital.de/afd-regensburg-rechte-aufmaersche-sind-privatangelegenheit/01042016/

Neonazis und Identitäre beim AfD-Rechtsrockkonzert

Autor:innen: anonym

Erstveröffentlichung unter Indymedia

Am 29.12.2023 organisierte die Junge Alternative Brandenburg eine sogenannte „Jahresabschlussparty“. Aufgrund der angekündigten Musik-Acts und Kooperationspartner war allerdings klar, dass es sich hierbei um ein reines Rechtsrockkonzert handelte. Der Ort der Veranstaltung wurde bis zum Schluss geheim gehalten. Die „Party“ stieg letztendlich im AfD-Treffpunkt „Mittelpunkt der Erde“ in Hönow bei Berlin. Gekommen ist eine bunte Mischung aus Jung-AfD’ler:innen, Neonazis vom III. Weg und der NPD sowie Identitäre und Rechtsrock-Fans. Ein Dreivierteljahr vor der Landtagswahl in Brandenburg präsentiert sich die Jugendorganisation der AfD als Sammelbecken für sämtliche Spektren der extremen Rechten.

Wer steckt hinter der „Jahresabschlussparty“?

Bereits knapp zwei Monate vor dem 29.12.2023 begann die Mobilisierung für die „Jahresabschlussparty“ der Jungen Alternative Brandenburg. Der Ort wurde im Stil von Neonazi-Konzerten geheim gehalten. Zu groß war wohl die Angst vor Gegenprotesten oder staatlichen Interventionen. Als Kooperationspartner trat „Sub:version Production“ auf. Das Label und Musikvertrieb ist tief in die Neonazi-Strukturen um Cottbus und Umgebung verstrickt. [1] Ursprünglich aus dem Umfeld von Nazirapper „Bloody32“ gegründet, bietet „Sub:version“ heutzutage alles an, was das rechte Herz begehrt: vom Hooligan-Rock von „Kategorie C“ bis Rap des „Neuen Deutschen Standard“ um „Chris Ares“. Auch die Acts für den 29.12. sind allesamt aus dem Portfolio des Südbrandenburger Vertriebs.

Die Acts der „Jahresabschlussparty“

Ganz oben auf dem Flyer stand die Neonaziband „Sacha Korn“.[2] Bereits am 6.11.2021 spielten sie für die AfD Brandenburg im „Mittelpunkt der Erde“.[3] Frontmann Sascha Korn aus Teltow ist seit über einem Jahrzehnt in der internationalen Rechtsrock-Szene aktiv und Bassist Jan-Michael Keller war jahrelang Politiker der NPD in Berlin-Lichtenberg. Trotzdem stellt sich die Band gerne als vermeintlich unpolitischer „Deutschrock“ dar. Doch ihre Verbindungen zu unterschiedlichen Szenen der extremen Rechten sind offensichtlich. Kooperationspartner von „Sacha Korn“ ist die völkische Kampagne „1 Prozent“. Das neurechte COMPACT-Magazin filmte eine kurze Dokumentation zum AfD-“Patrioten“-Konzert mit „Sacha Korn“.

Im Jahr 2022 sollten „Sacha Korn“ auf dem internationalen Neonazi-Festival „Frontnacht“ im belgischen Ieper auftreten; zusammen mit einschlägigen Bands wie die „Casa Pound“-Hausband „Bronson“ aus Italien oder dem Liedermacher Philipp „Flak“ Neumann aus Deutschland, der Mitglied der mittlerweile verbotenen Hammerskins war. [4] Das Festival wurde letztendlich verboten, wie auch viele Konzerte von „Sacha Korn“ in Deutschland in den letzten Jahren.

Der zweite Act war Andy Habermann. Der Sänger der Rechtsrock-Band „Wutbürger“ [5] saß für die AfD bis 2020 in der Stadtverordnetenversammlung Werneuchen. Er musste seinen Posten räumen, nachdem die Aktivitäten seiner Band bekannt wurden. Wie „Sacha Korn“ geben sich auch „Wutbürger“ als „Deutschrock“-Projekt, doch sind tief in die extreme Rechte verstrickt. Zu den ehemaligen Mitgliedern zählte unter anderem Nigel Brown. Der Neonazi aus dem „Combat 18“-Umfeld spielte zuvor bei „No Remorse“. [6] Gegenwärtig bedient ein ebenso bekannter Rechtsrocker bei „Wutbürger“ den Bass: Alexander Gast von der Neonazi-Band „Spreegeschwader“. Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass die Band über enge persönliche Kontakte zu Neonazis, wie dem Liedermacher Marcel Martens („F.i.e.L.“), verfügt oder 2022 beispielsweise mit Hannes Ostendorf von „Kategorie C“ kooperierte.

Auch mit Julia Götz alias „Julia Juls“ haben „Wutbürger“ bereits einen gemeinsamen Song aufgenommen. Die Liedermacherin ist bekannte Aktivistin der rassistischen Kampagne „Frauenbündnis Kandel“ aus Rheinland-Pfalz. Zu „Subver:sion“ kam Julia Götz über eine Kollaboration mit „Bloody32“. Letztendlich gehören alle drei Acts vom AfD-Konzert am 29.12. zum gleichen Netzwerk und kennen sich auch persönlich. So stand „Julia Juls“ mit Andy Habermann auf der Bühne und unterstützte auch „Sacha Korn“ am Mikrofon.

Bereits 2019 sollten alle drei Acts zusammen in Zehdenick für die Rocker-Bruderschaften „Sons of Future“ und „Burgunden“ auftreten. Das Konzert wurde damals verboten. Nun erfolgte also mit der Parteijugend der AfD im Rücken ein neuer Anlauf. [7] Die Veranstaltung fungierte damit wohl auch als eine Art „Testballon“, wie weit die AfD gehen kann ohne auf staatlichen Widerstand zu stoßen. Die offene Akzeptanz der Behörden zeigt: ziemlich weit.

Von der AfD…

Insgesamt kamen rund 80 Personen aus unterschiedlichen Teilen Ostdeutschlands zu der Veranstaltung. Aus der AfD waren jedoch fast ausschließlich Mitglieder der „Jungen Alternative“ (JA) aus Brandenburg anwesend. Darunter der gesamte Vorstand [8] mit den Vorsitzenden Anna Leisten und Franz Dusatko (zusammen mit seiner Verlobten Lisa S.), dem stellvertretenden Vorsitzenden Stefan Pfau sowie Lisa Wölfert und Matze Albrecht. Weiterhin waren einige Aktivist:innen der Thüringer JA in Hönow. Andere Parteimitglieder, vor allem aus Berlin und Brandenburg, blieben der Veranstaltung jedoch fern. Obwohl die lokalen Verbände aus Marzahn-Hellersdorf oder Märkisch-Oderland den „Mittelpunkt der Erde“ regelmäßig nutzen und selbst dem völkischen Parteiflügel zuzurechnen sind, war ihnen die Kooperation der „Jahresabschlussparty“ mit klaren Neonazi-Strukturen vielleicht zu offensichtlich.

Sicherlich hatten sich die Veranstaltenden mehr von dem Konzert versprochen, für das es bis zuletzt noch Karten zu kaufen gab. Im Vergleich dazu war die Begleitung der Veranstaltung durch „alternative Medien“ enorm. So war das COMPACT-Magazin offizieller Kooperationspartner der Veranstaltung und hatte dort einen eigenen Informationsstand. Allerdings kam nur die „zweite Garde“ um den Identitären Paul Klemm und Roy Grassmann nach Hönow. Aus dem gleichen Umfeld war auch der ehemalige COMPACT-TV-Verantwortliche Martin Müller-Mertens vor Ort, der momentan für den verschwörungsideologischen Sender „AUF1“ arbeitet. Auch Mario Nieswandt vom AfD-affinen Sender „Seelow TV“ durfte in der Reihe der Medienschaffenden mitmischen. Daneben filmten auch Aktivist:innen vom sogenannten „Filmkunstkollektiv“ um Simon Kaupert aus Dresden auf der Veranstaltung – wahrscheinlich in Vorbereitung für den anstehenden Wahlkampf.

… für Neonazis und rechte Rocker

Der Hauptteil der Besuchenden speiste sich vorwiegend aus den Fanszenen der angekündigten Musik-Acts, sodass Rechtsrockfreund:innen über 50 die Veranstaltung bestimmten. Dazu zählten auch die weiteren Bandmitglieder von „Wutbürger“, wie der Gitarrist Maik Langner und Drummer Andreas Rosenthal, und der Bandfreund Nick Lajow, vom Neonazi-Tattoostudio „Ordo Tatto“ in Teltow [9]. Nur Bassist Alexander Gast blieb zuhause in seinem neuen Wohnort nahe Bayreuth. Dennoch waren unter den Besuchenden auch einige bekannte Neonazi-Aktivist:innen. Vor allem ehemalige Mitglieder der NPD sind aus der politischen Versenkung aufgetaucht, um ihren „alten Kameraden“ Jan-Michael Keller zu sehen. Dazu zählten unter anderem Jan Sturm, Danny Matschke oder Dietmar Hömke. Doch auch vom III. Weg, der im angrenzenden Marzahn-Hellersdorf sehr aktiv ist, waren einige bekannte Gesichter vertreten, in einem Fall sogar in Bekleidung der Partei. Neben Parteiumfeld aus dem Bezirk, unter anderem René Uttke, war u.a. der III.Weg-Aktivist Kai Milde anwesend.

Extrem rechte Mischszenen

Bei der „Jahresabschlussparty“ der „Jungen Alternative Brandenburg“ konnten unter dem Deckmantel der Partei unterschiedliche Szenen der extremen Rechten zusammenkommen. Während privat organisierte Nazi-Konzerte, beispielsweise in Rocker-Clubs, häufiger das Ziel staatlicher Verbote sind, könnte sich hier ein neues Business-Modell entwickeln. Dabei werden die Kontakte der AfD zur militanten Neonazi-Szene offen zur Schau getragen. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit sich dieses Konzept innerhalb der Partei durchsetzen kann.


[1] Informationen und Hintergründe zu „Sub:version“: https://identitaereinbochum.noblogs.org/bloody32/

[2] Informationen zu „Sacha Korn“: https://rechtemedieninfo.blogspot.com/2019/12/sacha-korn.html

[3] AfD organisiert Rechtsrock-Konzert mit „Sacha Korn“ https://keinraumderafd.info/2021/11/08/brandenburger-afd-organisiert-ext…

[4] „Sacha Korn“ auf der „Frontnacht“: https://www.bellingcat.com/news/2022/07/28/our-songs-are-manifestos-why-…

[5] Mehr Informationen zu „Wutbürger“: https://rechtemedieninfo.blogspot.com/2020/06/wutburger-die-band.html

[6] Zu Nigel Brown: https://twitter.com/SHornchen/status/1324635949997973504

[7] Verbotenes Konzert von „Sacha Korn“, „Wutbürger“ und „Julia Juls“: https://inforiot.de/zehdenick-rocker-veranstalten-rechtsrock-event/

[8] Hintergründe zum Vorstand der Brandenburger JA: https://pressefuchsbrandenburg.wordpress.com/2023/11/17/rechtsextreme-ei…

[9] Zu Nick Lajow und seinen Kontakten in die Rechtsrockszene: https://inforiot.de/rechtsrock-konzert-in-potsdam-geplant/

Neonazis stören Gedenken in Fredersdorf

Autor:innen: Inforiot

Erstveröffentlichung unter: inforiot.de


Am 30.04.2022 organisierte die Gedenkinitiative Phan Văn Toàn eine Kundgebung mit anschließender Podiumsdiskussion in Fredersdorf. Phan Văn Toàn geriet 1997 in einen Streit mit mehreren Männern; Er verstarb am 30.04.1997 im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen.  Zu der Veranstaltung waren 50 Menschen aus Brandenburg und Berlin zusammengekommen. Doch leider verlief das Gedenken nicht ungestört: Bereits bei der Kundgebung am S‑Bahnhof filmte Larsen Aslan vom Berliner III. Weg die Teilnehmenden mit seinem Handy ab. Kurz darauf stießen Malwig Stelter (ebenfalls III. Weg/ Division MOL) und ein weiterer Neonazi dazu. Die drei blieben während der gesamten Zeit in der Nähe der Kundgebung und tauchten auch später wieder auf, als die Teilnehmenden zur Podiumsdiskussion gingen. Hier trat vor allem Larsen Aslan extrem agressiv auf, beleidigte mehrere Teilnehmende und griff sie an.  Nach der Veranstaltung wurden Malwig Stelter und Thore Ondrusch (ebenfalls III. Weg/ Division MOL) dabei beobachtet, wie sie den eingerichteten Gedenkort für Phan Văn Toàn am Bahnhof Fredersdorf zerstörten.  Für die Neonazi-Clique Division MOL ist das Gedenken an Phan Văn Toàn ein Reizthema: 2021 war das Zerstören des Gedenkortes eine ihrer ersten öffentlichen Aktionen. In der Zwischenzeit haben sie eine besorgniserregende Entwicklung gemacht.  Während Franz Schrandt mittlerweile nach Berlin-Köpenick gezogen ist und sich dort in Richtung NPD orientiert, sind insbesondere Thore Ondrusch und Malwig Stelter organisatorisch beim III. Weg Berlin angekommen. Dass mit Larsen Aslan ein Berliner III. Weg-Aktivist sie beim Stören einer Gedenkkundgebung unterstützt, ist nur ein weiterer Beleg dafür. Der vierte bekannte Neonazi der Division MOL aus der Region, Lion Zander, tritt eher als Schulhof-Nazi in Erscheinung, der mit einer Clique an der Lenné-Oberschule in Hoppegarten Mitschüler*innen schikaniert und auch ziemlich gewalttätig ist. Malwig Stelter dagegen nimmt offenbar jede extrem rechte Aktion mit. Er war nicht nur am 30.04. in Fredersdorf unterwegs, sondern fuhr am nächsten Tag auch zum Aufmarsch des III. Weges nach Zwickau. Er fuhr zusammen mit dem Berliner Stützpunkt des III. Weges. Neben Malwig Stelter fuhren auch Franz Richard Schrandt und Erik Storch, welche auch zur Division MOL gezählt werden, mit nach Zwickau. Auf ihrer Anreise waren die Berliner und Brandenburger Neonazis maßgeblich an dem Angriff auf Antifaschist*innen auf dem Hauptbahnhof in Chemnitz beteiligt. Bilder zeigen, dass Franz Schrandt und Erik Storch mit in dem Mob waren. Da sie in Zwickau zusammen mit Malwig Stelter ankamen, ist davon auszugehen, dass auch er bei dem angreifenden Neonazi-Mob dabei war. 

Die Division MOL ist keine organisierte Gruppe, sondern ein Neonazi-Freundeskreis, dessen Mitglieder sich in Richtung unterschiedlicher Strukturen orientiert haben. Der Ostberliner Speckgürtel ist damit zu einem Nachwuchsbecken für die Berliner Neonazi-Szene geworden. Insbesondere der III. Weg kann davon profitieren, seine AkteurInnen treten sehr selbstbewusst auf und scheinen sich im Aufwind zu sehen. Es bleibt zu beobachten, ob noch mehr Jugendliche aus dem Berliner Umland ihren Weg dahin finden. 

Brandenburger AfD organisiert extrem rechtes Konzert

Landesverband der AfD „feiern“ mit Sacha Korn

Autor:innen: Inforiot

Erstveröffentlichung unter Inforiot

Am 6. November 2021 veranstaltete der AfD-Landesverband Brandenburg eine Abendveranstaltung in Hönow (Gemeinde Hoppegarten). Angekündigt war ein Infoabend mit Beiträgen der beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden Birgit Bessin und Daniel Freiherr von Lützow. Den Abschluss bildete jedoch ein geheim organisiertes Konzert des extrem rechten Musikprojekts um Sacha Korn. Der offene Schulterschluss zwischen der Brandenburger AfD und einer außerparlamentarischen, subkulturellen Rechten ist neu. Er könnte als Richtungsweiser für den politischen Kurs nach den anstehenden Wahlen zum Landesvorsitz fungieren, bei denen auch Birgit Bessin antritt. Die zahlreich anwesenden Mitglieder des Brandenburger Landtages und einige Bundestagsabgeordnete aus dem Bundesland scheinen diese Entwicklung aktiv zu unterstützen. 

Das „Braune Haus“ in Hönow 

Veranstaltungsort des rechten Konzertabends war wieder einmal das Restaurant „Mittelpunkt der Erde“. Es gilt seit Jahren als etablierter Treffpunkt des völkischen Flügels der AfD. In der Vergangenheit fanden hier bereits Veranstaltungen mit Björn Höcke am 9.September 2017 und am 11.September 2020 statt (Wahlkampftag der AfD Marzahn-Hellersdorf am 9. September 2017 — 1) und Andreas Kalbitz (Treffen der „Adlerschwingen Brandenburg“ ) statt. Auch Götz Kubitschek und Erik Lehnert vom extrem rechten „Institut für Staatspolitik“ waren im Oktober 2020 für einen Diskussionsabend der Berliner „Jungen Alternative“ in Hönow zu Gast. Aufgrund der akuten Schwierigkeit der Berliner AfD, Veranstaltungsräume zu finden, dient der „Mittelpunkt der Erde“ ebenfalls als Treffpunkt für zahlreiche Bezirksverbände, um dort beispielsweise Parteitage abzuhalten. Doch am Samstagabend gab es auf der „Dankesfeier“ für „unsere Mitglieder“, wie Birgit Bessin wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn auf Facebook schrieb, mehr als nur ein paar diskriminierende Reden.

Sacha Korn – Musik für die extreme Rechte 

Unter den ankommenden Personen des Abends waren auch Mitglieder des extrem rechten Musikprojekts um den Songwriter Sacha Korn. So zeigte sich Drummer Guido Schade direkt im Bandoutfit und der Bassist und ehemalige Kader der Lichtenberger AfD, Jan-Michael Keller, trug sein Instrument in den Veranstaltungsraum. Später veröffentlichte eine Aktivistin der „Jungen Alternative“ aus Brandenburg Fotos, die bestätigten, dass tatsächlich ein Konzert von Sacha Korn im „Mittelpunkt der Erde“ stattgefunden hatte. 

Der Sänger und seine Bandkollegen nennen sich selbst „unpolitisch“. Doch sie sind seit vielen Jahren in einer extrem rechten Musikszene aktiv und in Neonazinetzwerke eingebunden. 2011 wurden Songs von Sacha Korn auf der “Schulhof-CD” der NPD in Sachsen-Anhalt veröffentlicht.  Zudem hat die Band Kontakte ins Rockermilieu, wie ein geplantes und dann verbotenes Konzert für die Hells Angels 2012 zeigt. Aus Angst vor weiteren Verboten werden ihre Konzerte in der Regel klandestin organisiert, wie 2015 im Berliner Club „Chesters“ [5]. Wenn sie bekannt werden, sind sie von antifaschistischen Protesten begleitet – so 2017 in Potsdam-Bornstedt. In den letzten Jahren suchen Sacha Korn neben der Neonazi-Szene jedoch verstärkt Kontakte in eine neofaschistische Rechte, vor allem zu Strukturen der “Identitären Bewegung”. Sein aktuelles Album „Heimat“ aus dem Jahr 2020 produzierte er zusammen mit der völkischen Vernetzungsplattform „Ein Prozent“. Sie finanzierte auch das Video zur Auskopplung „Unsere Kraft“ und bewarb Korn mehrfach auf ihrer Homepage als öffentlichkeitswirksamen Posterboy für eine „patriotische Musikszene“. Dadurch erlangte Sacha Korn Zugang zur rechten Medienblase. Er gab unter anderem Interviews in der FPÖ-nahen Zeitung „Wochenblick“ und dem österreichischen Magazin „Freilich“, das ebenfalls der FPÖ und der „Identitären Bewegung“ nahesteht. Zudem war er Ende 2020 Gast im online-Format „laut gedacht“ der beiden Identitären-Aktivisten Alexander Kleine aka Alex Malenki und Phillip Thaler. Die Kontakte zur neonazistischen und neofaschistischen Rechten führten auch zur zwischenzeitlichen Löschung von Korns Musik auf zahlreichen online-Downloadportalen. Der Sänger und seine Band stehen somit für die Bestrebungen  zum Aufbau einer völkischen „Gegenkultur“, die jedoch versucht ihre extrem rechten Inhalte als vermeintlich harmlosen „Patriotismus“ zu tarnen. Das vereint ihn mit der AfD.                                      

AfD im Netzwerk der „Mosaikrechten“

Das Konzert in Hönow zeigt, wie tragfähig die Netzwerke zwischen subkuturellen und parlamentarischen Kreisen der extremen Rechten inzwischen sind. Der Aufbau einer solchen „Mosaikrechten“ wird seit Jahren eingefordert und von Plattformen wie „Ein Prozent“ unter erheblichem finanziellen Aufwand forciert. Dabei geht es nicht nur darum, gegenseitige Unterstützung einzufordern, sondern eine aktive politische Zusammenarbeit unterschiedlicher Spektren, wie der AfD, der “Identitären Bewegung” oder Musik-Acts, zu fördern. Die Ausrichtung des Konzertes durch die AfD zu diesem Zeitpunkt ist taktisch motiviert. In zwei Wochen findet am 20. und 21. November der Landesparteitag statt. Auf ihm geht es darum, die Nachfolge von Andreas Kalbitz zu bestimmen, dem im Frühjahr 2020 die Parteimitgliedschaft entzogen wurde. Grund waren seine über Jahrzehnte bestehenden persönlichen Kontakte in die extreme Rechte. Doch für viele Teile der Brandenburger AfD war das kein Grund, ihm nachhaltig die Unterstützung zu entziehen. Nun machen sich die Kalbitz-Befürworter*innen im völkischen Parteiflügel bereit, um seine politische Arbeit mit neuen Gesichtern fortzuführen. Zu dieser Fraktion gehört auch Birgit Bessin, die für den Landesvorsitz kandidiert.

Breite Unterstützung für völkische Netzwerke

Dementsprechend ist die Konzert-Veranstaltung vom 6. November 2021 neben dem Dank an die Parteimitglieder für die Hilfe im zurückliegenden Bundestagswahlkampf auch eine Möglichkeit, um die Unterstützer*innen einzuschwören und den politischen Weg der Brandenburger AfD unter Bessin aufzuzeigen. Dieser Kurs scheint eine verstärkte Zusammenarbeit mit extrem rechten Strukturen außerhalb der Parlamente zu beinhalten, um in Brandenburg eine starke „Mosaikrechte“ zu etablieren. Eine solche Entwicklung scheint dabei von vielen führenden Politiker*innen der Partei getragen zu werden. 

Neben den stellvertretenden Landesvorsitzenden Bessin und von Lützow waren weitere Landtagsabgeordnete in Hönow; unter anderem Peter Drenske, Lars Günther, Kathi Muxel , Volker Nothing, die Schriftführerein Kerstin Schotte der ehemalige Abgeordnete Roman Kuffert. Zudem besuchten mit Hannes Gnauck, Steffen Kotré und René Springer gleich drei der fünf aktuellen Brandenburger Bundestagsabgeordneten der AfD das Konzert. Auch die generell eher ins völkische tendierende Parteijugend der AfD zeigt sich als Unterstützerin eines weiter nach rechts führenden Parteikurses. Neben der Vorsitzenden der „Jungen Alternative“ in Brandenburg, Anna Leisten, war ebenfalls ihr Stellvertreter Franz-Sebastian Dusatko sowie Manuel Schmidt anwesend. Von der Berliner JA kam Patrick Steven Fritsch vorbei. Die Ausrichtung eines klandestin organisierten Rechtsrockkonzerts stellt eine neue Qualität der politischen Arbeit der AfD in Brandenburg dar. Hier zeigt sich, wie offen völkische Strukturen in der Partei versuchen, ihre Handlungsspielräume gegenüber vermeintlich gemäßigteren Kräften, wie um Jörg Meuthen, zu erweitern. Es wird sich auf dem Landesparteitag zeigen, inwieweit eine solche Ausrichtung der Landes-AfD mehrheitsfähig ist. Leider spricht vieles dafür. Und selbst wenn die Akteur*innen des völkischen Flügels der Partei nicht unmittelbar auf die gewünschten Posten gewählt werden, werden sie ihren politischen Kurs auf lokaler Ebene fortführen. 

Aktive Neonazi-Jugendgruppe „Division MOL“

Autor:innen: Inforiot

Erstveröffentlichung unter: inforiot.de


Dieser Artikel dokumentiert den Stand der Recherche im Sommer 2021. Seitdem gibt es einige neue Erkenntnisse, die hier in einem Folgeartikel erschienen sind.


Seit Anfang 2020 kommt es im S‑Bahnbereich der S5 zwischen Neuenhagen und Strausberg verstärkt zu dem Auftauchen rechter Sticker und Sprühereien bis hin zu einem Angriff auf andere Jugendliche. Die verantwortliche Gruppe ist gefährlich und erfolgreich dabei, Netzwerke ins neonazistische Milieu in Berlin-Brandenburg zu knüpfen – genauso wie in die AfD. Trotz des jungen Alters der Akteure (von 14 Jahren bis Anfang 20) sind diese nicht als harmlose Jugendclique zu unterschätzen.

Division MOL – Von rechten Stickern über organisierte Aktionen hin zum III. Weg 
Der „harte Kern“ der Division MOL bestand bis zum Herbst 2020 aus Malwig Stelter (Jahrgang 2004), Franz Richard Schrandt, Lion Zander, Erik Storch und Thore Ondrusch. Es ist davon auszugehen, dass noch mehr Personen unter der Bezeichnung agieren und es ein dynamisches Unterstützerumfeld gibt. Erste Aktionen im Raum Petershagen traten bereits im Januar 2020 auf. Kurz nachdem sich die Oberschule, die am Petershagener Bahnhof gelegen ist, der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ anschloss, wurden im Umfeld der Schule rechte Sprayereien entdeckt (siehe Chronik rechter Vorfälle in Märkisch Oderland). Die Schmierereien über Runen, Hakenkreuze und Schriftzüge wie „FCK ANTIFA“ häuften sich. Bis mindestens November hatte die Gruppe einen eigenen Instagram-Account, dieser ist mittlerweile inaktiv. Der Account hatte mehr als 170 Abonnent*innen, darunter viele AfD- und NPD- Accounts oder neonazistische Kader. Dort postete die Division nicht nur eigene Sticker-Aktionen, sondern auch Fotos mit einer Fahne der Jungen Nationalisten bei der großen Querdenken-Demo am 7.11.2020 in Leipzig. Bei der Demonstration mit mehreren zehntausend Teilnehmenden kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen durch Schwurbler*innen und Neonazis. Am 31.01.21, im Nachgang einer Gedenkkundgebung für den von Rassisten totgeprügelten Phan Văn Toản in Fredersdorf, zerstörte die Division MOL Blumen, Schilder und ein Transparent. Mit dem umgedrehten Transparent posierten sie in Hooligan-Manier für ein Foto, welches später auf dem Twitter-Account der JN Berlin-Brandenburg veröffentlicht wurde. Die Division MOL beteiligte sich mit den Jungen Nationalisten Berlin-Brandenburg an der bundesweiten geschichtsrevisionistischen Aktion “Gedenk Dresden” im Februar 2021. Auch hier erfolgten immer wieder Veröffentlichungen auf den Social-Media Accounts der JN-Berlin-Brandenburg. Nicht nur in Brandenburg, auch in Berlin fällt die jugendliche Naziclique auf. So waren sie in Begleitung des Marzahner Nazi-Hools André Schlouns am 20.03.2021 beim Aufmarsch von Neonazis und Hooligans auf dem Platz des 18. März vertreten (https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51058296388/in/album-72157718731325468). Gemeinsam mit Schlouns waren sie am 03.04.2021 auch bei der verschwörungsideologischen Kundgebung „Freiheit ist nicht verhandelbar“:

Gleichzeitig ist Schlouns mittlerweile aktiver Teil der Freedom Parade Berlin um Michael Bründel und nimmt an deren Aufzügen teil, sowie er auch aktiv im Telegram-Kanal der Gruppe kommuniziert. Es verwundert daher nicht, dass sich die jungen Nazis dann auch am 24.04.2021 auf einer Parade aus diesem Umfeld wiederfanden, zu deren Inszenierung es gehört, den antifaschistischen Gegenprotest als „Nazis“ zu beschimpfen, während man selbst mit Neonazis demonstriert.

André Schlouns kommt aus dem hoch gewalttätigen Umfeld von Enrico Schottstädt, dem Gründer der Berliner Gruppe „Bündnis Deutscher Hools“ (BDH) und war von 2015 bis 2018 regelmäßig Teil der Aufmärsche von Bärgida und “Wir für Deutschland (WfD)”.

Während Franz Schrandt, der mittlerweile von Münchehofe nach Treptow-Köpenick gezogen ist, weiterhin die Nähe zur JN hält (er war beispielsweise Teil von deren Spontandemonstration am 1. Mai 2021 auf dem Alexanderplatz), suchen die anderen die Nähe zur neonazistischen Kleinstpartei III. Weg. Neben Plakatier- und Flyeraktionen in und um Strausberg, engagieren sich unter anderem Thore Ondrusch und Malwig Stelter auch bei Infoständen, zum Beispiel im April in Berlin-Marzahn vor der Eastgate-Center sowie am 12. 06.2021 vor dem Linden Center am Prerower Platz (https://twitter.com/antifanordost/status/1403644952937209858). Damit befinden sie sich in direktem Kontakt mit der Spandauer Neonazistin Lilith Evler sowie mit Sebastian Thom, Verantwortlicher für die Brandanschläge im Neukölln-Komplex. Bei den Elternhäusern nichts Ungewöhnliches, haben wir es doch sowohl bei Thore Ondrusch als auch bei Malwig Stelter mit jungen Nazis der zweiten Generation zu tun. Stelter geht auf die Oberschule in Neuenhagen in Trägerschaft des Internationalen Bundes (IB). Sein Vater Andrew Ron Stelter war bereits in den Neunziger Jahren in der „Nationalistischen Front“ und der NPD aktiv und ist breit innerhalb der bundesweiten Naziszene vernetzt. Er ist seit Jahren regelmäßig Teil von neonazistischen Aufmärschen und wurde 2020 immer wieder auch bei den Coronaprotesten gesehen. Am 03.10.2020 war der Vater Stelter auch beim Aufmarsch des III. Weg in Berlin-Hohenschönhausen dabei. Auch bei Thore Ondrusch ist davon auszugehen, dass seine Familie neonazistisch geprägt ist. Sowohl die JN als auch der III. Weg üben sich in aktiver Jugendarbeit. Mit gemeinsamen Wanderungen, Sportprogramm und politischen Aktionen bieten sie eine rechte Lebenswelt, die Jugendliche enger an sie binden soll. Bei der Division MOL offensichtlich mit Erfolg. 

Im Umfeld der Division MOL bewegte sich Sanjay Sklarek. 2020 tauchte er dann bei mehreren AfD-Veranstaltungen auf, seit Anfang 2021 wurde er allerdings nicht mehr bei rechten Veranstaltungen gesehen.

Nazis ernst nehmen – Betroffene schützen 
Die Division MOL ist kein loser Zusammenschluss rechter Jugendlicher. Vielmehr entstammen sie auch dank früher Erziehung in entsprechenden Familienzusammenhänge, einer gefestigten neonazistischen Szene und haben mit den Kontakten zu JN, III. Weg und Nazi-Hooligans die besten Voraussetzungen, die nächste Generation gewalttätiger Neonazis zu stellen. Dies bedeutet eine direkte Bedrohung für alle, die nicht in ihr neonazistisches Weltbild passen, ob in Brandenburg, Berlin oder anderswo.

Lasst sie uns stoppen, bevor es zu spät ist. 

Mischt euch ein und meldet Infos zur Neonazi-Gruppierung Division MOL und ihren Akteuren an eure lokale Antifa: recherche-division-mol@riseup.net

Kein Platz für Faschismus, kein Raum der Division MOL!