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Sebastian Thom beim III. Weg und die Krise der Berliner NPD

Autor:innen: Antifa

Erstveröffentlichung unter Indymedia


Nachdem er sich erst bei der AfD anbiederte, scheint der Berliner Neonazi Sebastian Thom nun beim „III. Weg“ eine neue politische „Heimat“ gefunden zu haben. Was sich lange andeutete, zeigte sich an diesem Wochenende offen. Mit Partei-Mütze auf dem Kopf verteilte er mit anderen III. Weg-Angehörigen Flyer in Berlin.

Das offene Bekenntnis von Thom zur faschistischen Bewegungspartei „III. Weg“ zeigt deutlich die politische Krise der NPD. Die Partei ist unattraktiv geworden – und das nicht nur in Berlin. Sie kann das Aktionspotential der Neonazi-Szene nicht mehr für sich nutzen. Das war bereits am Scheitern der zuletzt ausgetragenen NPD-„Schutzzonen“-Kampagne zu sehen. Jahrelange persönliche Streitigkeiten und Ausrichtungsfragen tragen ihr Übriges bei. Immer mehr ehemalige NPD-Aktivisten und Sympathisanten kehren der Partei den Rücken.

Sebastian Thom – Der Neonazi im Hintergrund

Nachdem der „Nationale Widerstand Berlin“ (NW Berlin) Anfang der 2010er Jahre mit Repression überzogen wurde, sind einige vorher äußerst aktive Neonazis nicht mehr bei öffentlichen Veranstaltungen, wie z.B. Demonstrationen, aufgetreten. Das heißt allerdings nicht, dass sie mit der Szene gebrochen haben.

Einer der bekanntesten Akteure des ehemaligen NW Berlin ist Sebastian Thom. Er hat sich schon lange von der Teilnahme an Neonazi-Demonstrationen zurückgezogen. Bis zum Mai 2016 saß er im Knast. Davor trat er noch offen als Kreisvorsitzender der Neuköllner NPD auf. 2018 verließt er die Partei. Der Neuköllner Kreisverband löste sich kurz darauf auf.

Seit Thom aus dem Knast gekommen ist, mehren sich die Angriffe gegen Linke in Neukölln wieder. Obwohl er angeblich von Sicherheitsbehörden überwacht wird, kann er weiter politische Gegner ausrecherchieren, Autos anzünden oder mit Rudolf-Heß-Schmierereien die Wände verunstalten. Einen öffentlichen Skandal löste es erst aus, als er zusammen mit seinem Komplizen und langjährigen Freund Tilo Paulenz beim Tresen der Neuköllner AfD gesichtet wurde. Aufgrund von steigendem öffentlichen Interesse trennten sich Paulenz und die Neuköllner AfD, auch sein Amt im Bezirksvorstand gab er ab. Die AfD schien für Neonazis wie Tilo Paulenz und Sebastian Thom eine Alternative zur NPD zu sein. Als der Traum der Nationalen Revolution mit der AfD scheiterte, weil die Partei ihre bürgerliche Fassade behalten wollte, suchten Thom und Co. nach einer wirklichen „nationalen“ Alternative.

Diese scheint Thom nun beim „III. Weg“ gefunden zu haben. Seit Monaten mehrten sich die Hinweise seines Partei-Engagements. Schon im Februar 2018 wurde bei einer Hausdurchschung Propagandamaterial des „III. Weg“ in Thoms Wohnung gefunden. Erst am 21. November 2020, am Tag der „Fight Back – Rechten Terror bekämpfen“-Demonstration in Rudow, wurde Thom beim Flyern für den III. Weg in Nord-Neukölln beobachtet. Dem bundesweiten Aufmarsch der Neonazipartei am 3. Oktober 2020 in Hohenschönhausen blieb er allerdings fern, auch wenn er im Vorfeld im Lichtenberger Weitlingkiez antifaschistische Plakate abriss und Aufkleber des „III. Weg“ verklebte. Nun gibt es aber Fotos, wie Thom zusammen mit der Neonazi-Rentnerin Lilith Evler vom „III. Weg“ am 20. Dezember 2020 Flyer in Berlin verteilte.

Der III. Weg als Sammelbecken für Berliner Neonazis

Mit diesem Wechsel reiht er sich in eine lange Reihe Berliner Neonazis ein, wie z.B. Larsen Aslan, Oliver Oeltze oder Patrick Krüger. Sie sind schon seit Jahren Teil der Neonazipartei. Der „III. Weg“ bietet die faschistische Ästhetik und inhaltliche Ausrichtung, die die NPD in den letzten Jahren verloren hat und freut sich über den Zuwachs.

Als die Neonazipartei am 3. Oktober 2020 zum Aufmarsch nach Hohenschönhausen aufrief, sammelten sich auch weitere (ehemalige) Berliner NPD-Aktivisten und Sympathisanten auf der Demonstration: neben René Uttke, Kai Milde, Lars Niendorf, Andi Körner und Katrin Arnold aus Marzahn-Hellersdorf waren auch Andrew Stelter und Neonazi-Anwalt Wolfram Nahrath vor Ort. Stelter sprach noch kurz zuvor bei einer Kundgebung der Jungen Nationalisten in Hennigsdorf.

Das Auftauchen von so vielen NPD-nahen Kräften beim „III. Weg“ zeigt, dass er inzwischen zumindest auf der Straße eine deutliche Konkurrenz für die NPD darstellt. Der Umzug von Sebastian Schmidtke nach Thüringen verdeutlicht zudem insbesondere die Krise der Berliner NPD. Es bleibt abzuwarten, ob mit diesem neuen Zusammenschluss verschiedener Akteure in der Berliner Szene auch ein Anstieg von Neonazi-Aktivitäten einher gehen wird.

Die Köpfe der Berliner „Schutzzone“

Autor:innen: Recherche030

Erstveröffentlichung unter Recherche030

Ein Jahr ist seit den versuchten Naziangriffen im Neuköllner Schillerkiez vergangen.¹ Viel spricht für eine Beteiligung der Neuköllner Neonazis Robin-Oliver Band und Maurice Pollei. Beide sind Aktivisten der NPD-Kampagne „Schutzzone“. Was ist die „Schutzzonen“-Kampagne, wer sind zentrale Akteure und was sind ihre Aktivitäten?

Die „Schutzzone“ ist eine bundesweite NPD-Kampagne. Erklärtes Ziel sei es, Deutsche mittels einer „Bürgerwehr“ zu „schützen“, da der Staat diese Aufgabe nicht „richtig“ übernehme. Um auch andere Spektren anzusprechen, treten die Nazis bewusst nicht als Partei auf. In Berlin handelt es sich dabei um eine kleinere Gruppe – überwiegend männlicher – NPD-Aktivisten. Inwieweit es tatsächlich zu längeren Patrouillen durch die „Schutzzone“ kommt, ist zweifelhaft, da sie bisher hauptsächlich durch Fotos im Internet in Erscheinung getreten sind. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der „Schutzzone” vor allem um eine Inszenierung von Straßenpräsenz handelt. Weitere Aktivitäten der „Schutzzone“ sind u.a. das Bereitstellen von Hilfs-Securitys auf Veranstaltungen,² wie beim monatlichen „Dienstagsgespräch“ in Berlin.³ Außerdem posieren sie hin und wieder beim Aufsammeln von Müll.

Oliver Niedrich

Leiter der Berliner Kampagnengruppe ist der NPD-Kader und Energie Cottbus-Fan Oliver Niedrich.

Er ist Anfang 30 und lebte lange Zeit in Sachsen. Vor einigen Jahren zog er nach Berlin und trat in die NPD ein. Niedrich ist u.a. verantwortlich für den NPD-Materialdienst, die Mediengestaltung und die Aufgabe der sogenannte „Medienüberwachung“. Das heißt er „überwacht“ die Landes-Website der Partei sowie zahlreiche Facebookseiten der Kreisverbände. 2014 wurde er Mitglied des Landesvorstands der NPD Berlin, aktuell ist er dort als Beisitzer vertreten. Ferner ist er seit vier Jahren Vorsitzender der NPD Charlottenburg-Wilmersdorf. Niedrich betreut Infostände, wie beim “Eichsfeldtag“ am 18.05.2019 in Leinefelde. Desweiteren fuhr er mit anderen Mitgliedern der Berliner „Schutzzone“ am 17.08.2019 nach Dresden.⁴ In der Berliner „Schutzzone“ besteht seine Aufgabe hauptsächlich darin, die vermeintlichen Patrouillen zu fotografieren und ins Internet zu stellen. Auf vielen Bildern ist er aber auch allein bei der „Schutzzonen“-Patrouille zu sehen, insbesondere im Bereich Berlin-Mitte.

Robin-Oliver Band und Maurice Pollei

Seit Mitte 2018 sind zwei Neonazis bei fast jeder NPD-Aktion dabei:

Robin-Oliver Band, geb. 19.04.1993, Lieselotte-Berger-Straße 59 (2. OG links), 12355 Berlin-Rudow

und

Maurice Pollei, geb. 15.02.1993, Britzer Damm 44 (UG links), 12347 Berlin-Britz

Robin-Oliver Band arbeitet im Familienbetrieb seines Vaters Uwe Band. Der Betrieb „Band Bauelemente“ (Hohenzollerndamm 77a, 14199 Berlin-Wilmersdorf) verkauft und montiert Rollläden, Jalousien und ähnliches. Auch Robin-Olivers Bruder Steven Band arbeitet in der Firma und nimmt an neonazistischen Veranstaltungen teil.

Am 03.11.2018 war neben Maurice Pollei und Robin-Oliver Band auch Steven Band auf einer AfD-Demo mit hohem Neonazi-Anteil in Eberswalde. Dabei trug er eine Jacke der Neonazimarke Thor Steinar. Im Januar 2019 beteiligte er sich am Schutz für das “Dienstagsgespräch“ im Löwenbräu (Leipziger Str. 65, 10117 Berlin).

Robin-Oliver Band ist nach der Arbeit oft mit den Firmenwägen von „Band Bauelemente“ unterwegs, auch um damit zu seinen Neonazi-Aktivitäten zu fahren. Erkennbar sind diese Autos durch die pinken „Band Bauelemente“-Aufkleber an der Rückseite der Fahrzeuge.

Als Team-Mitglied von „Band Bauelemente“ ist ebenfalls der Hund von Robin-Oliver Band aufgeführt. Dieser ist oftmals bei den Aktionen der „Schutzzone“ dabei. Die Freundin von Robin-Oliver bringt häufiger einen weißen Hund bei Aktivitäten der „Schutzzone“ mit. In seiner Nachbarschaft verklebt R. Band gerne Neonaziaufkleber, auch mal mit einer versteckten Klingen.

Erstmals fielen Robin-Oliver Band und Maurice Pollei durch ihre Teilnahme beim Gedenkmarsch für den Hitler-Stellverteter Rudolf Heß am 18.08.2018 auf. Seitdem waren sie – meist zu zweit – auf Demonstrationen sowie bei Infoständen und Partei-Abenden in der NPD-Zentrale zu sehen. Am 01.05.2019 fuhren sie mit anderen Neonazis der „Schutzzone“ zum Aufmarsch der JN in Dresden.

Das “Dienstagsgespräch“

R. Band und Pollei sind für den „Schutz“ beim „Dienstagsgespräch“ verantwortlich, dieses findet monatlich statt. Es handelt sich dabei um einen seit Jahrzehnten bestehenden, internen Stammtisch für Nazis mit Referenten wie dem NPDler Udo Voigt oder dem Holocaust-Leugner Bernhard Schaub. Weil der Organisator Hans-Ullrich Pieper regelmäßig durch antifaschistische Interventionen Probleme bekam, wurde die „Schutzzone“ zur Absicherung vor der Tür abgestellt. Dabei schleusen Robin-Oliver Band und Maurice Pollei an einem Vortreffpunkt die Teilnehmenden zum nahe gelegenen Veranstaltungsort, der regelmäßig wechseln muss.

Die Aufgabe des „Schutzes“ erfüllen R. Band und Pollei nicht gerade zuverlässig. Abgesehen davon, dass sie in der Regel noch vor Veranstaltungsende gehen, verlassen sie meist zwischenzeitlich ihren Posten, um ein sogenanntes „Koks-Taxi“ zu bestellen. Teilweise konsumieren sie bereits nach Abfahrt des „Taxis“ die jeweiligen Drogen direkt am Straßenrand. Die Heimfahrt im Firmenwagen erfolgt selten nüchtern.

Am Inhalt des “Dienstagsgesprächs“ zeigen sich R. Band und Pollei nicht interessiert.

Ruggiero Gleisinger

Ruggiero Gleisinger ist seit Jahren fester Bestandteil der NPD und kandidierte zur Abgeordnetenhauswahl 2016 in Lichtenberg. Bei Veranstaltungen und Demonstrationen übernimmt er Ordner-Dienste, so auch beim Heß-Marsch 2018 oder dem JN-Europakongress in Riesa 2018.

Ruggiero Gleisinger, geb. 07.10.1985, Seehausener Straße 16 (3. OG mitte), 13057 Berlin-Hohenschönhausen

Ein weiterer „Schutzzonen“-Aktivist ist Enrico. Sowohl Gleisinger als auch Enrico wohnen in Hohenschönhausen, sind aber stets mit den Neuköllner Neonazis unterwegs. Generell bilden Robin-Oliver Band, Maurice Pollei, Ruggiero Gleisinger und Enrico den Kern der Berliner „Schutzzone“. Andere beteiligen sich unregelmäßig an den Aktivitäten.

Ruggiero Gleisinger, Enrico und der Neonazi Patrick Bewer „schützten“ in den vergangenen Monaten ebenfalls das „Dienstagsgespräch“. Auch sie verließen ihren Posten vorzeitig, um Drogen zu nehmen, die Gleisinger in Pankow bei seinem Dealer kaufte.

Anschließend zogen sie weiter zum „Zapfhahn88“ (Konrad-Wolf-Straße 88, 13055 Berlin-Hohenschönhausen). Dabei handelt es sich um eine BFC-Fankneipe, in der sich in der Vergangenheit die NPD Lichtenberg getroffen hat.5 Die Kneipe ist nicht regelmäßig geöffnet, Gleisinger hat allerdings einen Schlüssel, um den Treffpunkt nutzen zu können.

Neonazi-Übergriffe in Neukölln

Robin-Oliver Band und Maurice Pollei stehen im Verdacht, im vergangenen Jahr bei zwei Neonazi-Angriffen nahe des U-Bahnhofs Boddinstraße in Neukölln beteiligt gewesen zu sein. Diese Angriffe fanden am 28.09.2018 und am 05.10.2018 statt. Beide Male traten die jeweils 15 bis 20 Neonazis aggressiv auf und verletzten Menschen. Die Angriffe fanden freitags statt.

An den zwei Freitagen vor dem ersten Angriff, dem 14.09.2018 sowie dem 21.09.2018, führten R. Band und Pollei „Schutzzonen“-Streifen in Berlin-Neukölln durch. Daher liegt es nahe, dass sie am 28.09.2018, beim ersten Angriff, ebenfalls versuchten, durch Neukölln zu patrouillieren. Augenzeug*innen berichteten, dass sich einer der Neonazis an der Nase verletzte. Entsprechende Verletzungen trug Pollei fünf Tage später, auf der Neonazidemonstration in Berlin-Mitte.

Beim zweiten Angriff am 05.10.2018 trugen die Neonazis MMA-Handschuhe. Das Mitführen dieser Kampfsport-Utensilien ist ein Zeichen dafür, dass sich die Gruppe auf den Angriff vorbereitet hat. Bei diesem Angriff wurden die Neonazis verjagt. Robin-Oliver Band war zwar im Bereich des sogenannten „Anti Terror Kampf“ (ATK) aktiv, diese sportlichen Vorerfahrungen halfen ihm aber lediglich beim Wegrennen.

Zeug*innen erkannten bei dem Angriff ebenfalls David Linke. Der Lichtenberger BFC-Fan konnte bisher nicht im Umfeld der NPD/“Schutzzone“ festgestellt werden.

 Fazit

 1) Die „Schutzzone“ versucht sich als neonazistische „Bürgerwehr“ zu inszenieren, allerdings ohne nachhaltig präsent zu sein oder Kontrolle im öffentlichen Raum ausüben zu können. Es handelt sich vor allem um ein virtuelles Phänomen, wobei es eine Dunkelziffer möglicher Übergriffe geben kann.

2) Dennoch besitzt die “Schutzzone“ das Potential, Menschen einzuschüchtern, die nicht in ihr menschenfeindliches Weltbild passen. Außerdem gab es mit den beiden Übergriffen in Neukölln bereits gewalttätige Angriffe, die jedoch erfolgreich zurückgeschlagen werden konnten.

 3) Aufgrund der in den “Sozialen Medien“ veröffentlichten Fotos, die sich stark an der Darstellung männlicher Stärke und (soldatischer) Wehrhaftigkeit orientieren, gelingt es der NPD “Schutzzone“ insbesondere bei jungen rechten Männern Anklang zu finden.

 4) Mit dem aktionistischen „Mitmachcharakter“ schafft die Kampagne eine scheinbare Offenheit und Ansprechbarkeit. Damit bietet die NPD auch Anknüpfungspunkte für solche Kräfte, die die aktuelle politische Arbeit der Partei als zu wenig radikal und unansprechend empfunden haben. So sind in der Berliner „Schutzzone“ im letzten Jahr neue AktivistInnen aufgefallen, die ihre Nazi-Tattoos, wie z.B. eine Schwarze Sonne, offen zur Schau stellten, sich vorher allerdings nicht im Umfeld der Berliner NPD bewegt haben. Dementsprechend ist die Partei mit der Kampagne in der Lage in kleinem Rahmen neue Leute zu rekrutieren.

5) Trotz des Fokus auf die mediale Inszenierung der “Streifzüge“ wird mit der „Schutzzone“ das Konzept des „Kampfes um die Straße“ wieder aufgegriffen und aktualisiert. Demonstrationen mit einem hohen Organisationsaufwand stellten sich als immer erfolgloser heraus. Neben der parlamentarischen Bedeutungslosigkeit der NPD wird deshalb eine stärkere (außerparlamentarische) Gewaltorientierung propagiert.

6) Über die öffentliche Zurschaustellung gewalttätiger neonazistischer Männlichkeit ergeben sich zahlreiche Schnittpunkte zum Bereich des terroristisch agierenden Neonazismus. Dies zeigt sich u.a. an Maurice Pollei, der am 03.10.2019 mit einem Shirt der „Combat 18“-Band “Terrormachine“ an einer Neonazidemonstration teilnahm.

7) Mit der „Schutzzonen“-Kampagne hat sich eine gewisse Parallelstruktur zum NPD-Jugendverband Junge Nationalisten (JN) herausgebildet. So beteiligen sich JN-AktivistInnen kaum an der „Schutzzonen“-Kampagne. Während die JN Kaderausbildungen und einen aktionsorientierten Ansatz zusammenbringen will, kann bei der „Schutzzone“ auch ohne ideologische Schulungen mitgemacht werden. Das zieht vor allem zuvor ungebundene, ideologisch wenig gefestigte Neonazis an. Dabei steht der Berliner “Schutzzonen“-Lifestyle aus chemischen Drogen, Alkohol und Gewalt teilweise in direkter Konkurrenz zur Selbstdarstellung der JN.

 In diesem Sinne ist die “Schutzzonen“-Kampagne ein Versuch, mit wenigen Neonazis – in Berlin ist nur eine Handvoll regelmäßig an den Aktionen beteiligt – einen “Kampf um die Straße“ zu führen, eine gewisse eigene Stärke zu simulieren und militante Neonazis einzubinden. Gleichzeitig ist der Aufwand für einige Fotos vergleichsweise gering, sodass ohne große Anstrengung zumindest eine digitale Aufmerksamkeit erzeugt werden kann. Diese reine Ausstellung neonazistischer Tatkraft könnte zu einer dauerhaften Festigung faschistischer Identität führen, während in Wirklichkeit ein Lifestyle aus Drogen gelebt wird.

Quellen